Stellungnahme der FDP Schwäbisch Gmünd zum Doppelhaushalt 2022/ 23

Nun liegt er also vor, der erste Doppelhaushalt der Stadt für die Jahre 2022 und 2023! Ein – wie immer – mit der gebotenen Sorgfalt unseres Kämmerers Herrn Bantel und seiner Mannschaft erstelltes fachkundiges Konvolut der Zahlen und Statistiken! In so einer Haushaltssatzung steckt jedes Mal sehr sehr viel Arbeit. Daher auch das Verständnis und Entgegenkommen des Gemeinderats zur Einbringung eines Doppelhaushalts für die Haushaltsjahre 2022/23.

Nur, der Inhalt wird durch die zwei zusammengefassten Berichtsjahre nicht leichter verdaulich – im Gegenteil, die darin enthaltenen Zahlen und Ausblicke auf neue Schuldenhöchststände lassen einen schon sehr schwer schlucken! Mit einer geplanten neuen Rekordverschuldung von sage und schreibe 117,9 Millionen Euro im Haushaltsjahr 2023 will man der Pandemie Herr werden und zu neuen Ufern aufbrechen. Da muss man doch erst einmal ganz tief Luft holen!

Aber eine Zahl ist zunächst einmal nur eine nackte Größe – was steckt dahinter?

Auch wenn teilweise auf nicht getätigten Investitionen beruhend, so muss man der Stadtverwaltung zunächst doch Anerkennung dafür zollen, dass sie den Schuldenstand der Stadt von 101,2 Millionen Euro im Jahr 2015 kontinuierlich auf 73,2 Millionen Euro im Jahre 2021 gesenkt hat. Das ist schon eine sehr ordentliche Leistung! Das Delta zum geplanten Schuldenstand 2023 beträgt demnach 44,7, also knapp 45 Millionen Euro.

Der Ehrlichkeit halber muss auch gesagt werden, dass Gmünd mit der geplanten Neuverschuldung nicht allein dasteht – im Gegenteil! Die überwiegende Mehrzahl der Kommunen im Land – auch solche mit geringem Schuldenstand – können nur mittels Kreditaufnahmen die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie meistern und die notwendigen Mittel für Investitionen bereitstellen.

So plant Göppingen zum Beispiel bis Ende 2025 Darlehen in Höhe von insgesamt 61,5 Millionen Euro aufzunehmen, um die geplanten Investitionen der Stadt schultern zu können. Der Schuldenstand der Hohenstaufenstadt würde sich dadurch von 10 Millionen im Jahre 2021 auf ca. 62 Millionen Euro im Jahr 2025 erhöhen.

Auch Aalen mit einer Verschuldung von etwa 30 Millionen Euro im Jahr 2021 will sich bis 2025 in einer Höhe von knapp 87,5 Millionen Euro verschulden – ein sattes Plus von 57,5 Millionen Euro!

Welche Investitionen die Städte mit den Mitteln im Einzelnen tätigen wollen, will ich hier nicht weiter vertiefen. Fakt bleibt aber, dass durch die wirtschaftlichen Verwerfungen im Zuge der Pandemie in den allermeisten Kommunen Investitionen nur über Kreditaufnahmen zu bewältigen sind.

Und in Gmünd haben wir nun einmal das besondere Problem, dass wir auf einem bereits sehr hohen Schuldenniveau aufsetzen – auch wenn sich das Maß der Neuverschuldung noch im Rahmen vergleichbarer Städte hält.

Auf den Schuldenstand komme ich noch zurück, er birgt nämlich nicht zu unterschätzende Risken. Die entscheidende Frage für die Zulässigkeit und Vertretbarkeit des vorliegenden Haushaltsentwurfs lautet jedoch: Sind die geplanten Investitionen für die Zukunft und Zukunftsfähigkeit unserer Stadt zwingend notwendig? Stellen sie die richtigen Weichen in und für die Zukunft unserer Stadt? Und, sind sie es auch in diesem Umfang?

Schauen wir uns die geplanten Investitionen einmal näher an:

 

1. Technologiepark Aspenfeld

Der Technologiepark Aspenfeld ist das Schlüsselprojekt für Gmünds wirtschaftliche Zukunft! Aufgrund unserer Wirtschaftsstruktur sind wir wie kaum eine andere Gemeinde in der Region verpflichtet, den Transformationsprozess pro-aktiv zu begleiten, um die Zukunftsfähigkeit unserer Stadt sicherzustellen.

Die zupackende Art und Weise, wie sich die Stadtverwaltung dieser Herausforderung angenommen hat, hat sehr beeindruckt. Letztlich können wir aber nur die Rahmenbedingungen für Investoren schaffen und mögliche Investoren von der Attraktivität des Standorts überzeugen – die Investitionsentscheidung trifft aber jedes einzelne Unternehmen selbst in eigener Verantwortung.

Umso wichtiger ist daher, dass wir bei der Investorensuche einen ganzheitlichen Ansatz verfolgen – nur mit einem stimmigen Gesamtkonzept lassen sich Investoren überzeugen und gewinnen!

Und zu diesem Gesamtkonzept gehört insbesondere auch, dass Unternehmen mit innovativen Zukunftstechnologien - auf die wir es ja schließlich abgesehen haben - hier in Gmünd auch ein entsprechendes Ökosystem vorfinden. Es ist daher für eine erfolgreiche Investorenansiedlung von essenzieller Bedeutung eine Infrastruktur zu schaffen und vorzuhalten, die Investoren für ein nachhaltig erfolgreiches Wirtschaften benötigen. Und dazu gehört auch und insbesondere – wie von uns bekanntermaßen gefordert – die Ansiedlung einer Außenstelle einer technischen Hochschule, idealerweise der Hochschule Aalen.

Vor diesem Hintergrund waren wir daher doch ziemlich enttäuscht, dass sich im vorgestellten Aktionsplan der IHK Ostwürttemberg kein einziges Wort über eine Außenstelle der technischen Hochschule Aalen in Gmünd findet - dabei ist sie gerade ein ganz wichtiger Standortfaktor!

Dennoch ist es grundsätzlich gut und richtig, dass sich die Stadtverwaltung der Unterstützung des Landes und der Region bei dieser Herkulesaufgabe versichert. Denn natürlich hat so ein Vorhaben auch Ausstrahlungswirkung auf die ganze Region. Aber Vorsicht ist geboten, dass sich das Projekt nicht zu einem Papiertiger und Bürokratiemonster entwickelt. Viele Köche verderben ja bekanntlich den Brei. Achten Sie, lieber Herr Oberbürgermeister, darauf dass das hier nicht geschieht, bleiben Sie und Ihre Mannschaft stets Herrin des Verfahrens und lassen Sie sich nicht von anderen die Butter vom Brot nehmen! Es geht hier schließlich um die Zukunft unserer Stadt!

Das fem – das Forschungsinstitut Edelmetalle + Metallchemie - stellt einen überragenden Leuchtturm in und für Gmünd dar! Hier forscht man an vielen innovativen Technologieansätzen auf dem Gebiet der Materialwissenschaften. Schaut man sich Projekte des fem an, sieht man was für ein spannendes und weites Feld das ist und welch großartiges Zukunftspotential darin steckt.

Aber das fem kann als reine Forschungseinrichtung innovative Prozesse und Technologien nicht allein auf die Straße bringen – hierzu bedarf es begleitender und unterstützender Strukturen und Faktoren! Gemeinsam mit entsprechend zugeschnittenen Studienangeboten einer Hochschule vor Ort ließen sich hier wunderbare Synergien schaffen, die dann auch den Wirtschaftsstandort Gmünd wirklich weiterbrächten!

Das Gewerbegebiet Krähe sollte uns in diesem Zusammenhang eine Mahnung sein. Einst als Standort speziell für Technologieunternehmen ins Leben gerufen ist mittlerweile sogar geplant, den Bauhof dort unterzubringen.

Ja, mit dem Technologiepark Aspen riskieren wir viel! Nur, was ist die Alternative? Nichts tun und tatenlos zusehen wie dem Transformationsprozess in Gmünd immer mehr sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze zum Opfer fallen? Das kann nicht die Lösung sein!

Aber: Ganz wichtig bei Aspen ist ein ganzheitlicher Ansatz!

Zum Abschluss dieses Themenblocks gestatten Sie mir noch einen kurzen Blick auf die Gewerbesteuereinnahmen in Gmünd im Vergleich zu Aalen und Göppingen. Dieser Vergleich zeigt eindrücklich, wie dringend notwendig nachhaltige wirtschaftliche Impulse für unsere Stadt sind!

Konnte Gmünd im Jahre 2019 Gewerbesteuereinnahmen in Höhe von knapp 24,5 Millionen Euro verbuchen, so lagen die Einnahmen in Aalen bei knapp 32 Millionen und in Göppingen bei rund 40,5 Millionen Euro. Wir haben bewusst 2019 gewählt, da es das letzte Jahr vor Ausbruch der Corona-Pandemie war und auch die Zahlen insoweit final feststehen.

Ein ganzheitlicher Ansatz umfasst aber auch weitere Faktoren, die ganz maßgeblich für die Attraktivität eines Standort sind - wie z.B. attraktive Wohnangebote, moderne Schulen, eine lebendige Innenstadt mit hoher Aufenthaltsqualität und großer Angebotsvielfalt. Dies führt mich nahtlos über zum nächsten Investitionsschwerpunkt, der Sanierung und Digitalisierung der Schulen.

 

2. Sanierung und Digitalisierung der Schulen:

Sie erinnern sich sicherlich noch an unsere Anfrage im Herbst 2020 zum Stand der Digitalisierung an den Gmünder Schulen. Die Stellungnahme der Verwaltung fiel seinerzeit ziemlich ernüchternd aus. Gerade mal drei (!) Gmünder Schulen verfügten da über eine entsprechende Breitbandversorgung und somit über schnelles Internet!

Umso erfreulicher daher, dass sich unsere Stadtverwaltung diesem für unsere Schulen so wichtigen Thema nun mit voller Tatkraft angenommen hat!

Sieben Gmünder Schulen sollen bis Mai 2022 eine Breitbandversorgung über Glasfaserkabel erhalten. 2023 werden weitere Schulen folgen. Eine überfällige, aber sehr erfreuliche Entwicklung, zumal 90% der Kosten hier vom Bund getragen werden. Im Namen der Gmünder Schülerinnen und Schüler sagen wir an dieser Stelle ganz herzlichen Dank!

Auch die vorgesehenen Investitionen in die Sanierung und Ertüchtigung unserer Schulen – Rauchbeinschule, Mozartschule, Uhlandschule, Eichenrainschule und Scheuelbergschule - sind gut und richtig investiertes Geld! Es ist allerhöchste Zeit in unsere teilweise stark in die Jahre gekommene Bildungsinfrastruktur zu investieren und auf den aktuellen Stand zu bringen! Gerade auch die Sanierung des Kinderhauses Kunterbunt duldet keinen längeren Aufschub! Wie gesagt, moderne Schulen mit entsprechender Breitbandversorgung sind ein wichtiger Standortfaktor!

Und an dieser Stelle machen auch Klimaschutzmaßnahmen durchaus Sinn! Im Zuge der Sanierung von städtischen Gebäuden, ist stets auch eine energetische Sanierung auf dem Stand der Technik durchzuführen – das ist gut und richtig!

 

3. Der Florian

Selbiges gilt natürlich auch für den Florian, unserer Feuerwehr!

Auch dieser ist stark in die Jahre gekommen und teilweise sogar recht marode! Wir teilen daher vollumfänglich den attestierten Grundtatbestand, dass hier dringender Handlungsbedarf angezeigt ist!

Was wir aber nicht verstehen ist, dass man sich von vornherein auf eine Sanierung und Erweiterung am bestehenden Standort festgelegt hat - ohne ernsthaft Alternativen zu prüfen!

Wir benötigen aber in einem demokratischen Diskurs eine offene und lebendige Debatte über den richtigen Standort der Feuerwehr – ohne Tabus!

Die maßgebliche Frage in diesem Zusammenhang muss daher lauten: Ist der bestehende Standort der beste Standort für die Stadt? Ist der bestehende Standort auch der beste Standort für die weitere Stadtentwicklung? Schaut man in andere Städte, so sind Verlagerungen der Feuerwehr vor die Tore der Stadt durchaus gang und gäbe!

Und der Standort am Sebaldplatz in unmittelbarer Nähe der historischen Altstadt birgt doch ein ungeheuerliches Potential für die Stadtentwicklung! Ich bin sicher, unsere Stadtplaner könnten hier ganz wunderbare Pläne zum Leben und Wohnen entwerfen! Und letztlich brauchen wir doch das Leben in unserer Stadt!

Zudem halten wir die veranschlagte Investitionssumme von 10,6 Millionen Euro für Sanierung und Erweiterung am Standort für nicht realistisch – wir gehen hier eher von einem Faktor 2, also der doppelten Summe aus! Abgesehen von gestiegenen und weiter steigenden Kosten aufgrund der Inflation, lehrt uns auch die Erfahrung, dass die Sanierung und Erweiterung von Bestandsgebäuden stets aufwendiger und teurer ist als ein funktionaler Neubau auf der grünen Wiese! Dies ist letztlich auch einer der Gründe, warum viele Kommunen ihre Feuerwehren vor die Tore der Stadt verlagert haben oder noch verlagern.

Und schließlich gilt es zu bedenken, dass bei einer Sanierung/Erweiterung am Sebaldplatz nicht allen Erfordernissen und Notwendigkeiten ausreichend Rechnung getragen werden kann, die an die Feuerwehr einer Stadt unserer Größe gestellt werden. Der sanierte und erweiterte Standort wäre somit auch nur ein weiteres – sehr teures – Provisorium!

Das kann aber nicht sein - letztlich geht es hier ja um eine Entscheidung für die nächsten Jahrzehnte! Ernsthaft überlegt werden sollte daher ein funktionaler Neubau an der städtischen Peripherie, z.B. am Gaskessel. Der dortige Standort bietet einerseits den Vorteil der unmittelbaren Anbindung an die B29, andererseits wären aber auch die Gewerbegebiete am Gügling sowie künftig am Aspenfeld in unmittelbarer Reichweite. Und schließlich könnte man in einen Neubau auch gleich den Bauhof problemlos mitintegrieren.

Warum hier also nicht zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen? Man sollte es zumindest einmal ernsthaft prüfen!

Auch unsere Feuerwehr will sicherlich das Beste für unsere Stadt!

 

4. Erschließung neuer Baugebiete/Baulücken

Wie gesagt, zur Attraktivität eines Standorts gehören auch attraktive Wohnangebote!

Auch hier soll ein Blick auf die Zahlen verdeutlichen, dass Handlungsbedarf angezeigt ist. Die Durchschnittseinkommen in Waldstetten und Mutlangen liegen um knapp 30% höher als in Schwäbisch Gmünd – in Aalen sind sie immer noch um knapp 15% höher. Dies ist eine klare Aufforderung zum Handeln!

Wir unterstützen daher die Pläne der Stadtverwaltung zur Ausweisung von Baugebieten in den Teilorten sowie zur Schließung von Baulücken in der Kernstadt.

Insbesondere die Erhöhung der Wohnqualität in der Innenstadt, gerade auch für junge Familien, ist aus unserer Sicht ganz entscheidend für die Attraktivität und Zukunftsfähigkeit unserer Stadt. Unsere Kernstadt besteht nicht nur aus der historischen Altstadt! Auch andere Stadtteile müssen in ihrer Attraktivität gesteigert werden. Wir können einfach nicht weiter tatenlos zusehen, wie junge Familien in die Teilorte oder umliegenden Gemeinden ziehen, wollen sie sich ihren Traum vom Eigenheim erfüllen. Auch in der Kernstadt benötigen wir ein entsprechend attraktives Wohnangebot!

Unsere Ortschaftsräte machen einen großartigen Job! Mit viel Engagement und Herzblut setzen sie sich für die Belange ihres Teilorts ein und bringen die Dinge vor Ort tatkräftig voran! An dieser Stelle ganz herzlichen Dank dafür! Wir sind froh und dankbar, dass wir Sie haben!

Ewas Vergleichbares fehlt jedoch in der Kernstadt. Aus diesem Grund hatten wir in unserer letztjährigen Haushaltsrede den - nicht haushaltswirksamen - Antrag zur Stärkung der politischen Teilhabe in der Kernstadt gestellt. Unserem Antrag hatten sich dann im Verlauf der Haushaltsberatungen auch andere Fraktionen angeschlossen.

Die versprochene Stellungnahme der Stadtverwaltung wurde uns nun endlich Anfang Februar übergeben. Wir hatten zwar auf eine deutlich frühere Rückäußerung gehofft, aber Schwamm drüber – schauen wir nach vorne!

Ein Ortschaftsrat für die gesamte Kernstadt ist unserer Ansicht nach nicht zielführend, dafür sind die einzelnen Stadtteile einfach zu unterschiedlich, zu heterogen. Wir wünschen uns vielmehr einen pragmatischen und kosteneffizienten Ansatz, der aber auch den besonderen Anforderungen eines jeden Stadtteils ausreichend Rechnung trägt. Warum dann nicht auf bereits vorhandene Strukturen zurückgreifen, wie zum Beispiel die Fördervereine in den einzelnen Stadteilen?

Ganz entscheidend ist aber, dass die Vertreterinnen und Vertreter der einzelnen Stadtteile – analog der Ortschaftsräte – in die Vorhaben und Planungen der Stadtverwaltung hinsichtlich ihrer Quartiere eingebunden werden. Wie ein Ortschaftsrat in einer Angelegenheit entschieden hat, hat stets ganz besonderes Gewicht, wenn der entsprechende Sachverhalt zur Abstimmung im Gemeinderat vorliegt. Selbiges muss auch für Entscheidungen oder Empfehlungen von Quartiersvertreterinnen und -vertretern gelten. Unterschätzen Sie das nicht, meine Damen und Herren, die Stärkung der Teilhabe in der Kernstadt birgt ein hohes Potential für eine aktivere Bürgerbeteiligung und somit positive Effekte für die gesamte Stadtentwicklung!

Eine lebendige, attraktive Innenstadt mit hoher Aufenthaltsqualität und großer Angebotsvielfalt ist ebenfalls ein wichtiger Standortfaktor.

Wir begrüßen daher ausdrücklich den Zuwendungsantrag „Gmünd für morgen“ im Rahmen des Bundesprogramms „Zukunftsfähige Innenstädte und Zentren“. Die gemeinsam mit dem HGV und Pro Gmünd erarbeiteten Handlungsfelder Aufenthaltsqualität, Leerstandsmanagement, Mobilität und Digitalisierung weisen in die richtige Richtung. Ziel muss sein, die Frequenz in der Stadt zu steigern. Eine Zunahme der Frequenz führt zwangsläufig zu weiteren Anfragen von Einzelhändlern, Filialisten und Gastronomen.

Klug und weitsichtig daher, dass der Gemeinderat das Projekt „Lebenswerte Altstadt“ auf den Weg gebracht hat. Mit den Schmidgassen sind wir bereits auf einem guten Weg – niemand will mehr zurück zum Status quo ante. Übrigens, andere Städte mit historischer Altstadt, gerade auch ehemalige Reichsstädte, wie zum Beispiel Esslingen, stehen vor genau den gleichen Herausforderungen! Der Aufbau eines Netzwerks mit anderen Städten könnte auch hier weitere Ideen und Impulse bringen. Wir müssen das Rad nicht neu erfinden.

Der Aufbau und die Pflege von Netzwerken können ohnehin ein probates und sinnvolles Mittel und Regulativ zur Steuerung einer Stadt darstellen. Regelmäßiger Austausch, Schwarmintelligenz und die Erfahrungen anderer führen regelmäßig zur Herauskristallisierung einer sog. „best practice“, einer Vorgehensweise auf Basis erprobter und bewährter Handlungsmuster. Gerade auch unserem neuen Amt für Klimaschutz und Nachhaltigkeit sei daher ganz besonders das Netzwerken, der Austausch mit anderen Kommunen aber auch Wirtschaftsunternehmen ans Herz gelegt.

Schließlich stellt sich die Frage, ob die geplanten Investitionen auch in diesem Umfang erforderlich sind.

Die vorgenannten Investitionen in unsere wirtschaftliche Zukunft, die Erschließung neuer Baugebiete sowie vorhandener Baulücken, die Modernisierung, Ertüchtigung und energetische Sanierung unserer – teilweise doch recht maroden – Infrastruktur sind fraglos gut und richtig.

Einsparmöglichkeiten sehen wir im vorliegenden Haushaltsentwurf hingegen beim Vorhaben „Westliches Stadttor“. Das Vorhaben ist zum jetzigen Zeitpunkt nicht nur noch sehr vage, auch sind viele wichtige Fragen noch gänzlich ungeklärt. Dem Vorhaben fehlt es zum gegenwärtigen Zeitpunkt einfach noch an der notwendigen Reife. Das soll nicht heißen, dass wir uns gegen eine Aufwertung des westlichen Stadteingangs stellen – im Gegenteil! Die vorgestellten, durchaus visionären Pläne deuten durchaus in die richtige Richtung. So macht es sicherlich Sinn, die Konzepte der Landesgartenschauen 2014 und 2019 nach Westen hin weiterzuentwickeln. Nur, ein westlicher Stadteingang muss auch den realen Verhältnissen und Lebenswirklichkeiten unserer Stadt genügen. Eine Bullerbü-Romantik mit Lastenrad und Gemüseanbau bringt uns hier nicht wirklich weiter! Wir sind letztlich eine Stadt zum Leben und Arbeiten! Ganz entscheidend ist aber auch, die Eigentümer hier von Beginn an mitzunehmen!

Auch bei den übrigen Investitionsvorhaben sollte der Haushaltsentwurf nochmals kritisch danach durchleuchtet werden, ob diese Investitionen wirklich zwingend notwendig oder nur wünschenswert sind. Muss der Erwerb einzelner Vermögensgegenstände oder die Durchführung einzelner Infrastrukturmaßnahmen bereits jetzt erfolgen oder dulden sie noch einen gewissen Aufschub? Sparmaßnahmen in den Bereichen Kultur und Sport lehnen wir hingegen ab – das wäre in der jetzigen Zeit ein gänzlich falsches Signal!

Abschließend noch ein Wort zur geplanten Gesamtverschuldung. Mit einer geplanten Verschuldung von knapp 118 Millionen Euro bewegen wir uns auf ganz dünnem Eis. Eine derart hohe Verschuldung birgt immense Risiken. Gut, Fremdkapital ist gegenwärtig noch sehr günstig zu haben – günstiger als Eigenkapital. Aber nur, wie lange noch? Als Folge der expansiven Geldpolitik der EZB steigt naturgemäß die Inflation – und diese bewegt sich gegenwärtig schon auf Rekordniveau. Alles wird teurer, gerade auch Strom und Gas – aber auch die Kosten unserer Bauvorhaben werden sich beträchtlich erhöhen! Erste Auswirkungen konnten wir im Bau- und Umweltausschuss bereits miterleben – und das ist erst der Anfang! Ein Mittel der Inflation entgegenzuwirken ist die Erhöhung der Zinsen – aber dies hätte unmittelbar gravierende Auswirkungen auf unseren Schuldenstand!

Wir müssen daher schleunigst wieder runter von diesem eklatant hohen Schuldenniveau. Das hat auch mit Generationengerechtigkeit zu tun! Mit einem derart hohen Schuldenniveau bei künftig wieder steigenden Zinsen, nehmen wir künftigen Generationen jeglichen Handlungsspielraum! Mit dem avisierten Schuldenstand von 118 Millionen Euro ist die Grenze des Zumutbaren und Erträglichen erreicht!

Übrigens, der Gemeinderat in Aalen hatte sich mal vor Jahren eine Verschuldungsobergrenze von 80 Millionen Euro für den Kernhaushalt auferlegt. Diese Obergrenze hat auch dazu geführt, dass sich Aalen seit Jahren auf einem vergleichsweise niedrigen Schuldenniveau bewegt. Wie gesagt, zuletzt 30 Millionen. Eine Schuldenobergrenze stellt mithin eine Barriere da, die es nicht so leicht zu überwinden gilt. Nun muss man aber ehrlicherweise sagen, dass Aalen die Obergrenze jetzt wohl leider doch reißen wird – aber alle Kommunen haben nun einmal mit den Auswirkungen der Pandemie zu kämpfen. Dennoch stellt die Schuldengrenze eine sinnvolle Maßnahme dar – mahnt sie doch zu maßvollem, umsichtigen und wirtschaftlichem Haushalten!

Wir stellen daher den („positiv haushaltswirksamen“) Antrag, die Stadt Schwäbisch Gmünd möge sich ebenfalls eine Schuldenobergrenze von max. 70 Millionen Euro für den Kernhaushalt auferlegen.

Nun ist zwar bereits jetzt absehbar, dass diese Grenze auf viele Jahre hinaus nicht eingehalten werden kann. Dennoch sollte ein Haushalt mit möglichst geringer Verschuldung unser Anspruch sein! Die Obergrenze soll hier als Ansporn dienen, wobei natürlich die tatsächliche Verschuldung regelmäßig deutlich unter der Grenze liegen sollte. Die 70 Millionen sind vielmehr das absolute Maximum, das wir uns im Sinne der Generationengerechtigkeit auferlegen möchten.

Abschließend möchten wir Oberbürgermeister Arnold, den Bürgermeistern Baron und Mihm sowie alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Stadtverwaltung für ihr unermüdliches Engagement für unsere Stadt danken. Danke, dass Sie sich täglich für die Belange unserer Stadt einsetzen! Wir Gemeinderäte sind auch sehr dankbar für die stets professionell vorbereiteten Sitzungsunterlagen und Beschlussvorlagen sowie die erstklassige Betreuung während der Rats- und Ausschusssitzungen. An dieser Stelle Herrn Ott, Frau Lenner und Frau Bihlmaier, vielen Dank für Ihre Unterstützung!

Dr. Peter Vatheuer (Es gilt das gesprochene Wort!)